Donnerstag, 29. Dezember 2011

Langusten sind nicht gleich Langusten

Eine der beliebtesten Spezialitäten für unsere Touristen sind die Langusten. Das mag daran liegen, das diese leckeren Unterwassser - Krabbler für die meisten Leute zuhause zu den fast unbezahlbaren Spezialitäten aus dem Feinkosthandel gehören oder weil sie nicht so leicht zu handhaben sind – egal, hier auf Samana gehören sie praktisch zum guten Ton und das Meer wird darum nach wie vor fast rettungslos überfischt. Es gibt bald keine lebendfrischen Langusten mehr und darum hat man auch Schonzeiten eingeführt, die leider sehr gerne umgangen werden. Ich als Koch gehöre zu den wenigen, die ihnen nie eine frische Languste in der Schonzeit anbieten würden und auch relativ sauer reagiere, wenn ich während der Schonzeit danach gefragt werde. Ich habe Respekt vor der Natur und sie liegt mir am Herzen.

Bei uns gibt es aber neben der normalen Languste auch andere maritime Schalentiere, die ich persönlich zum Teil noch besser finde. Die gehören aber auch hier zu den Spezialitäten und man bekommt sie entsprechend wenig angeboten. Wer kann der darf und darum kann es bei mir auch mal ein seine blaue Süßwasserlanguste (Camaron del Rio) oder ein Bärenkrebs (Cigale) sein. Um diese frisch zu besorgen, bedarf es einer mittelfristigen Reservation und mindestens 6 Personen, ansonsten kann der Genuss auch hier etwas teurer werden, weil wir diese Spezialitäten nicht auf Vorrat lagern. Das gleiche gilt für frische Seeigel, Lambie und Riffschnecken.

Wir bereiten eigentlich alles frisch und meistens auch etwas anders zu, als man es hier sonst so angeboten bekommt. Ich selber bin kein Purist und hab was gegen selbsternannte Gourmets, die einem hier manchmal leider über den Weg laufen oder am Tisch sitzen. Das ist eine Spezies von Mensch deren ausgeprägter und ganz besonders sensibilisierter Geschmack meine gastrophilen Nerven überstrapazieren. Das gleiche Problem habe ich mit Leuten, die mich schlicht unterfordern. Darum gibt es bei uns auch keine deutsche oder Schweizer Küche auch wenn es hier Leute gibt, die dafür meilenweit fahren. Das ist nicht mein Ding und wenn schon Landesküche, dann in der Casa de Norma die Dominikanische, Kreolische - oder die Tainoküche. Wer Pommes mit Hamburger will oder umgekehrt, der geht besser zum Amerikaner, denn bei mir bekommt er dafür die rote Karte.

Aber es geht hier ja um Schalentiere. Auch die gepanzerten Leckereien kann man überfordern, in dem man sie zu Tode kocht, unsachgemäß behandelt oder schlicht als reine Devisenbringer betrachtet und entsprechend lieblos damit umgeht. Das haben sie nicht verdient! Langusten sind nicht umsonst relativ teuer und aus meiner Sicht verlangen sie darum einer fundierten Vor - und Zubereitung. Dabei geht es auch um das Essvergnügen, das ich dem Gast nicht mit komplizierter Handhabung vermiesen will. Ich serviere Langusten so, das man sie einfach mit Messer und Gabel genießen kann und keine Spezialwerkzeuge zu Hand nehmen muss. Trotzdem landet bei uns eigentlich alles auf dem Teller außer klibberiger Innereien, die bei anderen Anbietern gerne auch dazu gehören. Wir nehmen die Langusten sauber aus, bevor sie auf dem Grill landen. Sie haben richtig gelesen – sie landen auf dem Grill und nicht einfach im Topf. Wer eine gekochte Languste will, muss das vorher ausdrücklich sagen. Und wenn wir sie kochen, dann nur in reinem Meerwasser. Das kostet etwas mehr, da wir ein paar Kilometer vom Meer entfernt sind und es erst heranschaffen müssen.

Ich serviere Schalentiere eigentlich immer mit einer leicht pikanten Sc. Rouille oder einer frischen und würzigen Aioli, wer gerne viel Knoblauch hat. Oder soll es lieber ein Langusten Carpaccio sein oder gar ein Langusten Cevice? Auch eine Langusten Creme als Suppe ist gerne im Programm oder ein leckerer Langustensalat, lauwarm serviert.

Wer Langusten / Schalentiere schlemmen will, bezahlt bei uns nach Roh - Gewicht. Der Preis wird pro Person nach Pfund berechnet und das gängige Gewicht sind 1,5 Pfund pro Person. Pro Pfund Schalentier berechnen wir 700 Pesos.

Was es bei uns auf Bestellung gibt!

Langusten, Camaron del Rio, Bärenkrebse, Königskrabben, einfache Krabben, Lambie und Riffschnecken, Seeigel, Shrimps (Camarones), Dominikanische Austern und Muscheln, Tintenfisch, Calamar  und Riesencalamar

Ab 10 Personen servieren wir ein Plateau Royal – was bedeutet eine Seafood Buffet mit allem, was lokal und saisonal lieferbar ist. Wir verwenden in der Regel nur lokale Produkte. Der Preis für einen solchen Anlass wird vorher genau abgemacht, damit es keine unliebsamen Überraschungen gibt - Herzlich willkommen!

Es kann mit begeisterten  Hobbyköchen/innen auch mitgekocht werden und die Casa de Norma Seafood - oder Langustenworkshops müssen vorher reserviert und besprochen werden – der Preis dafür ist ebenfalls Verhandlungssache!
Languste und Bärenkrebs in Produktion
Riesencalamar

frische Languste

Landkrebse

Austern und Muscheln
Karibische Austern


Lambie
Seespinne

blaue Süsswasserlanguste

Riffschnecke

Camarones    

Mittwoch, 28. Dezember 2011

Samana Cocossauce al la Manzana

Man nimmt eine frische Coco – wenn möglich keine Coco de Aqua – bei der ist das Fruchtfleisch noch nicht ausgebildet. Im 3. Weltladen oder im guten Fachhandel bekommt man frische Coco in Europa.

Wichtig ist was man mit der Cocosauce machen will – soll sie für Fleisch oder Huhn genutzt werden, braucht man eine entsprechende Bouillon als Basis. Ich verwende die Cocosauce hauptsächlich für das bekannteste Samana Rezept – „Pescado con Salsa de Coco“. Da ich das in der Regel mit frischen Fischfilets mache, (Palometa, Chillo, Rotbarsch) nehme ich die Fischkarkassen der Portionsfische, um daraus einen kräftigen Fischsud zu machen. Aus Zeitgründen habe ich in der Regel immer Fischfond im Tiefkühlfach – die ich in einem Eiswürfelbereiter als Portionen - Würfel portioniert habe. Bei einem echt kräftigen Fond reicht ein Fondwürfel pro Portion.

Die Coco schlage ich mit der Machete auf, nehme das Cocoswasser beiseite und löse die Nuss aus. Mit dem Sparschäler entferne ich die braune Schicht und verwende nur das weiße Fruchtfleisch. Das wird nun mit einer Cocosreibe (wird hier oft als Bachata - Musikinstrument verwendet) in frische Cocosflocken gerieben und dazu gibt man das Cocoswasser. Nun drückt man die Flocken darin kräftig aus und gibt alles in ein sauberes Küchentuch. Durch dieses Tuch presst man die entstandene Flüssigkeit aus bis im Tuch nur noch die relativ trockenen Cocosflocken sind. Diese kann man im Ofen auf einem Backblech bei niederer Hitze trocknen – man kann sie auch goldgelb werden lassen und sie eignen sich hervorragend als Panade für das Fischfilet oder zum Beispiel für eine in Cocospanade ausgebratene Hühnerbrust.

Nun brauche ich noch etwas Zwiebel - oder Schalottenwürfelchen, gehackten Koriander oder für Europäer frische Petersilie, etwas selbst getrocknete Barcello - Tomaten (Eiertomaten), etwas frisch gehackten Knoblauch was ich alles in heißem Kokosöl leicht anschwitze, mit trockenem Weißwein ablösche – einen Teelöffel Rouix (goldgelbe Mehlschwitze – die ich immer als Vorrat in einem Einmachglas im Kühlfach habe) und dann mit 2 dl meines Cocossafts und dem Fischfondwürfel pro Person leicht köcheln lasse. Ich schmecke mit Pfeffer und Salz ab und zum Schluss gebe ich je nach Fisch oder Seafood etwas frische Sahne zu und einem cl Pastis (bei frischem Seafood) oder einen cl Orangelikör (bei Fisch).

Das ist meine frische Cocosauce!

Dienstag, 27. Dezember 2011

Bienvenidos en La nueva Casa de Norma

Gästeeingang zur Terrasse

Küchenseite der Casa de Norma

die grüne Seite der Casa de Norma

neue gedeckte Terrasse
Es gab einmal eine Institution auf Samana, die einige Jahre lang einer der beliebtesten Treffpunkte vieler Samana Fans aus Las Terrenas war. Das der Ort einen einprägsamen deutschen Namen hatte, war meine Schuld. Offiziell hieß er Kiosko dos Rios. Ich gab ihm einen anderen Namen – Es war an sich schon eine herrliche Location an einer der schönsten Playas von Samana – der Playa Coson. Bekannt aus film und Fernsehen – man erinnere sich an Klinik unter Palmen oder Traumhotel Karibik. Ich taufte diesen Ort „die schönte Bar der Welt“! Es ging nicht um die beste Bar der Welt, denn das wäre mehr als an den Haaren herbei gezogen und eigentlich war es auch gar keine Bar. Es war ein einfaches Palmwedeldach auf mehreren Holzpfosten und darunter befanden sich buntgemischte Tische und Bänke. Je nach Tageslaune von Betreiber Valerio und seiner Familie konnte man dort mehr oder weniger gut essen. Im lauf der Jahre steigerte sich das Angebot vom einfachen dominikanischen Kiosko zu einer Art Seafood – Insidertipp. Auch daran war ich maßgeblich Schuld, denn oft genug (praktisch jeden Sonntagnachmittag) trafen wir uns dort und animierten Valerio zu immer mehr Köstlichkeiten aus dem Meer. Er hatte viel zu tun und das es diesen Ort nicht mehr gibt fällt unter die dominikanische Art von Fortschritt. Denn auch andere mochten den Ort und  wollten am liebsten dort wohnen. So wurde mehr als einmal groß projektiert und wer letztendlich seine eigene Villa dort bauen wird, steht noch heute in den Sternen. Aber die „schönste Bar der Welt“ ist diesen Träumen zum Opfer gefallen und ist somit Geschichte.

Es gibt hier diese paradiesischen Fleckchen Erde, was das eigentliche Kapital der Halbinsel ist. Und - es gibt viele solche Orte auf Samana. Jeder findet hier seine persönliche „schönte Bar der Welt“. Das ein solcher Ort so bekannt wird wie Valerios Kiosko hat es was mit Werbung zu tun. Das gleiche gilt für den Kiosko „El Paraiso“ in El Valle, oder „El Cabito“ am Cabo de Samana. Muss ein solcher, einmaliger Ort immer am Meer sein? Man könnte es meinen, wenn man es aus touristischer sicht sieht. Andere sehen das anders -  siehe „Mi Corazon“ in Las Terrenas  – eines der besten Restaurants der Halbinsel oder andere sagen, das ist das beste Restaurant. Man findet es mitten an der verkehrsreichen Hauptstrasse von Las Terrenas. Es gibt viel dort zu wenig Parkmöglichkeiten aber für Insider spielt das keine Rolle, denn für sie ist das eine absolute Institution. Warum das so ist, lässt sich eigentlich recht einfach erklären. Weil da Menschen hinter einer Idee stehen und ihre Idee zu 100 % und kompromisslos durchziehen. Das sind im Gegensatz zu vielen Andere keine Glücksritter oder Schnäppchenjäger, sondern Leute mit Visionen. Und genau daran mangelt es leider allzu oft. Es zeigt aber auch, dass es funktioniert.

„La Casa de Norma“ ist auch eine solche Vision. Eine Vision gekoppelt an einer Idee, die mir seit vielen Jahren durch den Kopf geistert. Es begann 2004 an in einer Lebensphase, in der ich sehr viel Zeit zum Nachdenken hatte. Nach einem schweren Motorradunfall den ich wegen einer ungesicherten Baustelle der Firma Verizon in Las Terrenas erlitt, war ich einige Monate außer Gefecht. Dank der Hilfe von alten Freunden konnte ich mich in den guten Händen von Schweizer Ärzten begeben, die mich langsam wieder zusammenflickten. Ich änderte von da mein Leben und kehrte zwar nicht geheilt, aber mit viel neuer Kraft nach Samana zurück. Motorräder sind seither tabu für mich.

Was hier nun in Las Galeras mit unserem gemeinsamen Projekt „La Casa de Norma“ entsteht, scheinen Einige zwar etwas zu belächeln; andere finden es jedoch sehr spannend. Es geht dabei um Hilfe zur Selbsthilfe. Es geht einerseits um praktischen Ecotourismus, um Nachbarschaftshilfe und darum, den einfachen Menschen zu beweisen, dass eigentlich Jeder etwas realisieren kann, das sich vom normalen Einerlei erfrischend abhebt, Arbeit ist die viel Spaß macht und auch etwas bringt. Es geht nicht um gastronomische Spitzenleistungen wie bei „Mi Corazon“ oder um einen atemberaubenden Meerblick mit Essen und musikalischer Animation und wie bei „El Cabito“  - in La Casa de Norma erlebt man das Dominikanische Every Day Life hautnah, sieht hinter die Kulissen und kann daneben außergewöhnlich essen.

„Nothing is perfekt“ passt gut, denn das ist eigentlich eine Message der normalen, dominikanischen Republik, wo das einfache Leben auf ständiger Improvisation basiert. Nicht einfach, aber das Los so vieler Menschen in diesem Land. Die zahlenden Touristen hinter geschlossenen Hotelmauern sollen, wenn es nach dem Willen der Touristiker geht, eigentlich nichts davon mitbekommen. Aber es gibt Menschen, die auch einen Blick vor die Hotelmauern wagen und diese Leute sind bei uns jederzeit herzlich willkommen. Es ist durchaus keine Mutprobe, den Weg zu uns zu finden – es braucht nur den Willen eventuell auf eigene Faust und ohne Tourguide die Dominikanische Republik hier in Las Galeras life zu erleben.
Seit gestern kann man auf Voranmeldung bei uns lecker essen und auch ein spontaner Besuch ist jederzeit möglich – dann wird eben improvisiert - Bienvenidos en La Casa de Norma!!

Die ersten Gäste in der neuen "Casa de Norma"

Grillgemüse
Langusten al la Manzana auf dem Barbacoa

es kann losgehen

hier wird geschlemmt!

Leckere Krabbeltiere auf spezielle Art

Unsere ersten Geniesser in der neuen Casa de Norma

Freitag, 23. Dezember 2011

La Casa de Norma macht gewaltige Fortschritte.

Das verdanken wir zum großen Teil der Mithilfe von guten Freunden aus Europa. Trotzdem ist es extrem aufwendig, wenn man es so angeht wie wir. Wir verzichten bewusst auf viele moderne Baumaterialien, um so authentisch wie möglich zu bleiben. Das stellt einem zum Teil vor große Probleme. Außerdem bauen wir praktisch ausschließlich im engen familiären Kreis – die drei im Haus lebenden Söhne von Norma werden derzeit Tag für Tag stark gefordert – das kommt ihnen in ihrem jugendlichen Alter hoffentlich sehr zu Gute. Für sie ist es mit Sicherheit eine spannende Zeit voller neuer Herausforderungen – manchmal sind sie auch schlicht überfordert. Das Projekt sprengt ihren bisherigen Rahmen öfter als man denkt. Jeden Tag muss für diese kleine Mannschaft gekocht werden und der normale Haushalt geht auch neben den Bauarbeiten weiter. Seit drei Tagen haben sie Schulferien und das Arbeitspensum hat sich noch mal entsprechend erhöht. Für mich selber bedeutet es ebenso viel Arbeit am Bau und wenig Zeit am Rechner. In drei Wochen war ich eben dreimal vorne im Ort und dann meistens nur darum, um irgendwas zu besorgen, was gerade fehlt. Trotz der Ortsnähe sind alle entsprechenden Geschäfte mindestens 3 km entfernt. Alles muss herangeschafft werden. Das ist nicht so einfach, wenn man nicht motorisiert ist. Aber es gibt hier zum Beispiel Pferde und auch Esel und natürlich die eigene Muskelkraft. Abends gehen bei uns früh die Lichter aus.

Es wird auch dieses Jahr wohl eher kein besinnliches Weihnachtsfest, denn wir stehen etwas unter Zeitdruck. Die ersten Reservationen sind eingegangen. Fast jeden Tag kommen derzeit Bekannte und Freunde vorbei und schauen nach den Fortschritten unseres Projekts. Ein Wermutstropfen ist die nach wie vor nicht beglichene Rechnung von dem Betreiber von hispaniola.eu. Ich bin mehr als enttäuscht von diesem nun monatelang andauernden Behave. Es gibt da draußen Leute, die meinen, dass  das so funktioniert. Für mich ein Problem.

Dienstag, 6. Dezember 2011

ein Paar Bilder von der Baustelle


Das neue Bad mit Handwaschbecken
la Casa durch die Bananen 
fast fertig - bald geht es los
seitenblick auf unsere bald fertige Casa  - im freien gibt es auch einen schönen Sitzplatz

Der Toilettenbereich  ist fast fertig

es grünt so grün

Kaffee ist bald reif und ich werde ihn von Hand rösten
Fogon und Barbeque im Bau
es gibt jetzt eine Toilette
Pflanzenanzucht
hier wachen bald Passionsfrüchte
alles bracht seinen Platz
Blumen werden wachsen
erste Gehversuche im Naturbau
Wohnküche mit computer und Internet

Seit drei Wochen lebe ich nun zusammen mit meiner Lebenspartnerin Norma und ihren drei Söhnen in ihrem typisch dominikanischen Häuschen. Wir sind seit mehr als zwei Jahren ein Paar.

Es ist nicht einfach, jemandem so ein Haus zu beschreiben, der noch nie hier war. Man stelle sich ein kleines Bauernhaus/Kate mit 28 qm in den 50 Jahren oder früher des vergangenen Jahrhunderts vor. Die Toilette erreicht man über den Hof wie alle sanitären Einrichtungen, soweit man von solchen im europäischen Sinn sprechen kann. Die Menschen in Europa  würden so was wahrscheinlich nicht als bewohnbares Gartenhaus nutzen, denn europäische Gartenhäuser sind heute mit fast allem ausgestattet, was man so zum normalen Leben braucht.

Ich lebe nach wie vor in Las Galeras, jetzt aber 4 km von meiner alten Unterkunft im touristischen Zentrum entfernt. Trotzdem ist das hier eine ganz andere Welt. Denn die Welt der Einwanderer und Touristen befindet sich unten am Strand und hier, im Hinterland, ist die normale Welt der einfachen Dominikaner. Mit ganz wenigen Ausnahmen leben hier außer mir keine anderen Weißen. Und kein einziger lebt so wie ich. Ich möchte aber betonen, dass ich damit kein Problem habe, sondern das als neue Herausforderung ansehe, zumal ich lange genug in diesem Land lebe. Die meisten Einheimischen wunderten sich am Anfang natürlich, dass da jetzt ein Gringo mitten unter ihnen lebt, aber sie sind alle recht nett. Norma ist nebst Mitglied der lokalen evangelischen Kirchengemeinde auch eine Persönlichkeit des Ortsteils. Die Leute sehen mich täglich am Haus und im Garten am schuften und das sind sie von einem Europäer normalerweise nicht gewohnt. Denn eigentlich lassen diese lieber für sich arbeiten. Das akzeptieren und honorieren sie besonders.

Die Lage des kleinen Anwesens von Norma ist der springende Punkt. Jeden Tag brummen hier die touristischen Quad - Exkursionen (vierrädrige Allradvehikel), die Touristen- Trucks (umgebaute Lastwagen mit vielen Sitzbänken statt einer Ladefläche) und die Mietwagen mit den Touristen am Haus vorbei, denn dieses liegt an einer sehr beliebten Nebenstrasse zu einem der schönsten Strände der Halbinsel Samana – der Playa Rincon. Manchmal tun sie das recht rücksichtslos und vergessen sich selber, denn der Weg ist eine Naturpiste und nicht asphaltiert. Wenn es regnet, ist der Weg verschlammt und wenn es lange trocken war, staubt die Strasse sehr und man muss dauernd Wasser spritzen. Die meisten fahren jedoch respektvoll langsam durch diesen typisch dominikanischen Ortsteil. Diese Leute werden ein Teil unserer zukünftigen Kundschaft. Eine passende Außenwerbung ist bereits in Arbeit.

Das Internet funktioniert hier nur via Funksignal, und ist entsprechend langsam und wegen der Funkversion leider auch sehr teuer. So kommt es, dass ich von nun an die meiste Zeit offline bin. Das ist eine sehr ungewohnte Situation für mich als Webmaster.  Die Dominikaner auf dem Land haben in der Regel noch keine Computer oder Internet in ihrer Holzhütte – somit bin ich hier ein totaler Exot. Das ist für die Menschen hier ungefähr so, als einer von ihnen den ersten Fernseher mit Empfang angeschafft hatte. 

Mit praktisch null Geld habe ich mit Normas drei Söhnen in den letzten drei Wochen schon sehr viel gearbeitet und vor Ort realisiert. Wir bauen hier gemeinsam ein sehr spezielles Restaurant. Alles Baumaterial für unsere „Casa de Norma“ kommt bis jetzt praktisch aus der umliegenden Natur. La Casa de Norma entsteht in purer Handarbeit. Den Herd (Fogon) und den Grill (Parilla) habe ich letzte Woche aus lokalen Natursteinen gebaut. So was kann man sich in Europa fast nicht vorstellen, denn dort kommt das genormte Material aus dem Baumarkt.  Wir holen die Steine per Schubkarre aus einem Steinbruch hier ganz in der Nähe. Das derzeit wichtigste Baumaterial, das Bauholz wird im umliegenden Wald von Hand geschlagen. Das Material wird anschließend auf den eigenen Schultern hierher getragen, um anschließend verbaut zu werden.

Trotzdem fehlt es mir im Moment an wichtigen Dingen wie ein Paar Säcken Zement, Sand oder Calice (lokales Korallengestein und feiner Korallen - Abraum), ein paar Armierungseisen, Bretter zum Schalen, Nägel, Schrauben, Draht und einfaches Werkzeug für Haus und Garten. Erst wenn man selber einen Baum mit einer Machete gefällt hat, weiß man, was ich meine. So geht hier alles sehr langsam, aber die Zeit läuft mir Davon. Bis jetzt ist ein neuer, ansprechenderer Eingang, eine schattenspendende Pergola für selbstgezogenen Passionsfrüchte, der neu angelegte typische Blumen - und der große Gemüsegarten mit verschiedenem, frischem Gemüse, allen Kräutern die man für das Restaurant braucht, das Holzgerüst für die Küche mit Abstellflächen und eine Abwäscherei für das Geschirr entstanden. Nun geht es an das Dach für die gedeckte Terrasse für unsere zukünftigen Gäste. Alle Bänke und die festen Möbel werden von uns aus Naturstein gemauert – es erinnert mich etwas an die typischen, Tessiner Grottos im Valle Maggia. Nur, das das Dach hier mit getrockneten Palmenblättern gedeckt wird. Alles wird sehr rustikal und typisch karibisch. Die Palmenäste muss man selber am weitentfernten Traumstrand suchen, sie dort mit der Machete vorbereiten und dann hierherfahren lassen. Der Transport kostet Geld, weil ich dazu einen Lastwagen besorgen muss. Ich brache etwa drei Lastwagen davon. Nächste Woche will ich mit dem neuen Back - und Räucherofen beginnen, um danach selber frischen Fisch zu räuchern und wieder mein Brot im Holzofen backen zu können. Das wird später auch an Andere verkauft. Mein original karibisches Holzofenbrot, das Kokos & Kräuterbrot und das Knoblauchbrot ist hier sehr beliebt. Außerdem ist der Kaffee bald reif und ich werde dann selber Normas Kaffee rösten..

Wir bauen hier kein Djungelcamp, sondern eine Ranchetta ganz im ursprünglichen Stil, wie es hier heute schon lange nicht mehr gemacht wird. Genau das wird den späteren Reiz der Casa de Norma ausmachen.
Wenn ich das nächste mal online bin, berichte ich wieder - vamos a ver.... Wenn alles klappt, können wir an Weihnachten die ersten Gäste empfangen....

Mittwoch, 23. November 2011

2 Tag im Outback - Arroyo de Cabo

Liebe Freunde, heute geht in der Casa de Norma für mich und meine „neue“ Familie Tag 2 zu Ende. Ich bin gestern Morgen von meinem bisherigen Domizil in Las Galeras bei Juan und Lolo fest zu meiner Lebenspartnerin Norma nach Arroyo de Cabo gezogen. Das ist einer der typisch dominikanischen Ortsteile von Las Galeras. Die vergangenen 2 Jahre hatte ich bis jetzt mein Lager in der kleinen Casita im touristischen Dorfzentrum des Ortes aufgeschlagen. La Casa den Norma liegt 3 km weit außerhalb vom Zentrum. Statt wie bisher einfach um die Ecke zu schlüpfen, wo alle wichtigen Geschäfte im Umkreis von 300 m liegen, ist hier nin alles etwas weiter. Auch hier gibt es ein paar Colmados und typisch dominikanische Einrichtungen wie 2 Kirchen, und nur unweit das öffentliche, dominikanische Krankenhaus.

Ein gravierender Unterschied ist hier die himmlische Ruhe statt Manuels lauter Disco unweit meiner alten Unterkunft. Das bedeutete 2 Jahre lang gratis Bachata, Reggaeton, oft bis tief in die Nacht. Wer´s mag, der hat das typische Karibik - Feeling. Wenn man jedoch jeden Abend bis zu 20 Mal den gleichen Song derzeit von Zacharias Ferreria gratis vorgepowert bekommt, hat man das sehr schnell wirklich satt. Hier bei Norma hat man dafür alle Hähne der Umgebung zum Morgengrauen; leider oder besser nicht im Einklang – Norma hat derzeit selber drei. Aber diese „netten“ Hähne sind im Gegensatz zu Zacharias für das Leben essentiell, genau wie die Enten, Hühner und alle anderen Haustiere. Andere sogenannte essentielle Einrichtungen sind rudimentär oder vorsintflutlich ebenfalls vorhanden, wie die offene Kübeldusche hinter dem Haus. Der Unterschied ist – auch hier gibt es nur kaltes Wasser, aber man muss es sich selber über den Kopf lehren.  Bei Regen erübrigt sich das, denn dann marschiert man mit seiner Seife einfach hinters Haus und die Natur übernimmt diesen Part.  Alles hat so seine Vorteile. Bei Regen muss man seine eigene Musik jedoch erheblich lauter drehen, denn das alte Zinkdach sorgt entweder für einen gleichmäßig angenehmen oder lauten Geräuschteppich, je nach Menge des aktuellen Niederschlags. 

Eigentlich findet das Leben nun mehr im Freien statt, woran ich mich erst wieder gewöhnen muss. Denn ich als alter Stubenhocker muss mich erst an die so entstehenden Temperaturen gewöhnen. Ich sitze ja nicht auf dem Blechdach, sondern meistens darunter.

Fühle ich mich hier wohl? Ich glaube ja – zur eigenen Erinnerung  - in den letzen 12 Jahren bin ich mehr als 12 mal auf Samana umgezogen – dreimal innerhalb Playa Bonita, von Playa Bonita nach Coson, von Coson nach Las Terrenas, danach wieder zurück an die Playa Bonita, von dort nach La Ceiba, von La Ceiba nach El Cabito bei Las Galeras und dann direkt nach Las Galeras Center und nun von dort zu Norma nach Arroyo de Cabo. Dabei habe ich alle Arten von hier vorhandenem Wohn - Standard durchlebt und nun lebe ich im Wellblech.

Mein einziges Problem hat sich auch gelöst. Denn bereits nach 2 Tagen funktioniert nun auch hier das Internet und das wäre damals in Coson zum Beispiel noch nicht möglich gewesen. Heute geht das dank Prepaid Wireless von Claro.

Und nun? Ich werde mich nun intensiv um den Gemüse - Garten und die Haustiere kümmern und so versuchen, einen gewissen Grad an Autonomie zu erreichen.  Des Weiteren werde ich Stück für Stück an unserem Projekt „La Casa de Norma“ mit der Familie arbeiten, mit den mir zur Verfügung stehenden Möglichkeiten. Diese sind zwar sicherlich sehr begrenzt, aber wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Alles braucht jetzt eben länger und somit seine Karibische Zeit.

Ab morgen werde ich mein Brot wieder selber backen und soweit es klappt, an unserem geplanten Holzofen / Parilla / Fogon und Räucherofen  bauen. Auch das Terrassendach ist in Planung, das unsere Gäste vor tropischen Regenschauern schützen wird. Wie gesagt findet hier praktisch alles im Freien statt und wir werden sehen, wie weit wir kommen.

Das war das erste Lebenszeichen aus dem neuen Domizil. Ich werde euch auf dem Laufenden halten.

Sonntag, 20. November 2011

Ein persönliches Statement


Wie soll ich das beginnen? Ich lebe bereits eine geraume Zeit auf der Halbinsel Samana. Der Grund für das „Auswandern“ war nicht Flucht, um vor irgendwas Ungesetzlichem zu verschwinden.  Es geschah auch nicht aus dem Grund um ab dem Moment, wo ich hier lebte mit den mir damals zu Verfügung stehenden Mitteln ein sorgloses Leben führen zu können. Ich hatte zuvor in meiner alten Wahlheimat Schweiz sehr lange und recht recht gut gelebt und dafür sehr viel gearbeitet. Viele meiner alten Schweizer Facebookfreunde wissen das.

Der Grund zum Weggang nach Samana basiert auf dem guten Rat meines damaligen Hausarztes. Der hatte mir damals nach einer Routine Rundum – Untersuchung, die man mit dem erreichen des vierzigsten Lebensjahres gerne macht, schlicht erklärt, dass ich mein Leben grundlegend ändern müsse. Der Grund sei

  • zuviel Arbeit
  • der daraus entstehende Stress
  • der absolut ungesunde Lebenswandel als Gastronom
  • das daraus resultierende Übergewicht
  • die daraus resultierende Kurzatmigkeit
  • oder schlicht das Zuviel an dem guten Leben auf einmal, ohne groß selber darüber nachzudenken

Das ich seiner Meinung nach genau aus diesen Gründen relativ schnell vor die Hunde gehen würde, wenn es mit mir so weiterginge. Ein sehr netter und offener Mensch, mein Hausarzt. Er meinte, es gäbe zwei Möglichkeiten – friss weiter und stirb oder mach was ganz Anderes! Nun, mein Hausarzt war damals auch mein Freund. Ein im Jahr zuvor mit meiner damaligen Frau verlebter Jahresurlaub auf der Halbinsel Samana brachte mich letztendlich auf die entscheidende Idee, hier leben zu wollen. Ein echtes Bauchgefühl. Was für eine tolle Ecke auf der Welt. Ich folgte also dem Rat meines Hausarztes. Ich tat das trotz vieler Bedenken anderer, für mich damals zum Teil sehr wichtiger Menschen. Vor allem auch unter den Bedenken meiner damaligen Geschäftspartner.

Es war also kein einfacher Wechsel in eine vermeintliche Freiheit, sondern im Nachhinein war es das Ende einer persönlichen Aera. Es folgte nun etwas, was die einen Verantwortungslos nennen würden und was ich heute als eine Art Transformation bezeichne. Denn es geschah sehr viel. Wo gehobelt wird, da fallen Späne sagen die einen, oder wo ein Wille ist, da ist ein Weg! Das meinen die Anderen. Es ging mir persönlich darum, diesen eigenen Weg vor Ort zu finden. Ein Lebens - Weg ist leider keine mathematische Gerade, sondern etwas bereits zuvor Entstandenes. Man folgt seinem Weg und der kann auch der sprichwörtliche Holzweg sein! Das muss man aber erst mal selber merken. Oder nennen wir es anders, sowas muss man schlicht lernen. Lernen ist und war für mich immer etwas Tolles, aber so was geschieht bekanntlich nicht von heute auf morgen! Ich bin eh der Meinung, dass man nie ausgelernt hat. Und so übte ich vor allem eines, hier irgendwie klarzukommen. Das ist sehr schwierig. Das sogenannte Exotische ist gar nicht so exotisch, denn man bewegt sich schlicht auf unbekanntem Terrain. Das ist die Exotik. Wer das Gegenteil behauptet, der kann das gerne behaupten – mein Resümee ist, das es nicht einfach ist. Aber das liegt an einem selber.

Man kann so einen Neuanfang auf verschiedenen Arten angehen. Das einfachste ist unter anderem, auf ebenjene zu hören – auf die Anderen. Auf diejenigen, die das bereits gemacht und vermeintlich geschafft haben. Oder anders gesagt, es war und ist eine der Lieblingsbeschäftigung all der Anderen. Sie wussten stets alles besser und das jeder auf seine persönliche Art. Schließlich war man selber der sogenannte „Neuzugang“  und hatte keine Ahnung vom Leben vor Ort. Man glaubt zeitweise, dass man auf den guten Rat und die  Hilfe dieser „alten Hasen“ angewiesen ist. Und etwas vom Schwierigsten war es für mich, hier ein gesundes Maß zu finden oder zu lernen, zu hier genau zu differenzieren. Heute weiß ich, wenn ich Las Terrenas damals anders angegangen wäre, hätte ich mir sicher so manches ersparen können. Es wäre alles anders gekommen. Ob besser oder schlechte, weiß man nicht. Zumindest aber anders! Trotz allem möchte ich heute nirgends wo anders leben als hier. Das sogenannte „Grounding“  kam sehr schleichend! Zuerst musste so viel von mir über Bord geworfen werden - geistiger Ballast, alte Gewohnheiten, der Dünkel, eingebürgerte Denkweisen, falsche Ansichten, verquerte Einstellungen, angelernte Helvetismen, überholte Wertvorstellungen, vermeintliche Glaubensfragen, nahezu das ganze bisherige Weltbild. Ich habe das fast alles auf den kopf gestellt und es ist immer noch kein Ende in sicht. In ein paar wenigen Dingen bin ich mir jedoch treu geblieben, andere sehe ich heute komplett anders als zuvor.

Ich bin mir z.B. in der Ansicht treu geblieben, dass der jeweilige Mensch das Maß der Dinge ist. Also man selber! Denn was ein Mensch tut, resultiert immer aus dem, wann, wo und wie er lebt. Unser Leben wird von unserem Umfeld beeinflusst und auch entsprechend geprägt, weil wir ein Teil davon sind. Und sowohl hier wie auch da, bleibt sich eines gleich. Die einen tun, was sie tun müssen, ohne die Regeln dabei bewusst zu verletzen. Andere Menschen, die sich bewusst über ihr eigenes Umfeld sind, versuchen ständig, sich über diese einengenden Regeln zu erheben. Oder anders gesagt, es sind Leute, die gerne nachhelfen, um mehr als das Beste aus ihrem Leben zu machen und die geltenden Regeln akzeptieren sie eigentlich nicht oder sie betrachten sie lediglich als umgehbare und somit überwindbare Hürden.

Ein Bankräuber überfällt dann eine Bank, wenn er zu wissen glaubt, wann und wie er das am sichersten machen kann. Das mit dem Gesetz und den einzuhaltenden Regeln hat er bereits hinter sich. Wird er geschnappt, dann war der Moment falsch, er wurde erwischt und hat ein echtes Problem. Jetzt muss er dieses Problem lösen – also bracht er genug Einfluss oder Geld und „sein“ Problem hat sich so für ihn gelöst. Das Spiel beginnt von neuem. Hat es aber geklappt, fragt es sich bloß, ob sich das nun für ihn gelohnt hat. Für ihn im Moment des „Erfolges“ auf jeden Fall. Somit glaubt er an weitere gute Momente. Er geht von nun an seinen selbst gewählten Weg und irgendwann klappt es nicht mehr. Wenn nun auch kein Schmiergeld mehr nutzt, dann fragt er sich, was denn nun los ist. Und das dies passieren könnte, ist sehr unwahrscheinlich, denn er lebt in der Dominikanischen Republik. Wir sind nicht alle Bankräuber, das war nur ein Beispiel.

Nehmen wir ein anderes Beispiel. Es ist kurz vor Weihnachten. Und wie alle Jahre wieder schnellen da die Erwartungen der Leute in die Höhe. Das ist so, als hätten wir das seit 2011 Jahren in den Genen. Wir erwarten Geschenke und wir schenken selber. Was wir anderen schenken, hat mit den Mitteln zu tun, die wir dazu einsetzen oder die uns dazu möglich sind. Sprich, wir Menschen denken in diesem Zusammenhang in erster Linie an Geld. Denn alle materiellen Dinge kosten Geld. Wir packen diese materiellen Dinge an Weihnachten in buntes Papier. Wir geben sie im vermeintlich richtigen Moment dem Menschen, für den dieses Geschenk gedacht ist. Als Gegenleistung erwarten wir Dank, so was wie Freude oder je nach Beschenktem ein entsprechenden Gegengeschenk. Das ist nur allzu menschlich und den meisten geht es so. Einmal im Jahr ist Weihnachten. Oh du Fröhliche! Das Fest der Liebe ist das Fest des Geldes, des höchsten Jahresumsatzes und der Dezember ist der Monat mit den höchsten Diebstahl und Einbruchsraten. Danach flaut dieses Fieber auf ein erträgliches Maß ab. Wer nun meint, das sei nicht wahr, der belügt sich selber.

Szenenwechsel. Was sagt eine von ihrem dominikanischen Sohn zu Weihnachten beschenkte dominikanische Mutter zu dem neuen, schicken und topaktuellem Mobiltelefon als Weihnachtsgeschenk? Sie weiß genau, dass der Sohn sich das von seinem eigenen Geld nie leisten kann?  Diese Mutter ist eine gläubige Katholikin, wie so viele in diesem Land. sie geht regelmäßig in die örtliche Kirche. Sie ist ein anerkanntes Mitglied der Gemeinde. Mit Sicherheit weiß sie, dass dieses Geschenk jemand anderem zuvor gestohlen wurde. Eventuell kennt sie ihren Sohn so gut und weiß zumindest, dass nicht er es jemandem persönlich gestohlen hat. Er hat es nur für wenig Geld irgendeinem Hehler abgekauft. Für die Mama zu Weihnachten. Besonders an Weihnachten gibt es davon mehr als genug. Freut sie sich, oder macht ihr das nun ernsthafte Gedanken? Ein alter Spruch sagt, einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul. Ich weiß es nicht. Ich weiß aber, das dies hier Gang und gebe ist. Jeder hier weiß das. Ich lebe wie gesagt schon eine ganze Weile hier! Soll oder muss ich diese Menschen deswegen nun verachten?

Soll ich die Menschen in „Cuerva de Aqua“ dafür verachten, weil sie seit sehr langer Zeit auf fremdem Land gewohnt haben und sie wussten, dass dieses Land ihnen nicht gehört. Trotzdem haben sie mit ihrem Geld ihre Häuser dort gebaut. Oder soll ich besser nur die paar Leute unter ihnen verachten, die wissentlich eben genau dieses Land ohne gültigen Titel an andere „Investoren“ weiter verkauft haben. Denn auch diese konnten sich doch eigentlich denken, dass hier nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Und diejenigen, die Geld dafür bezahlt haben und es trotzdem gekauft haben, die wussten wirklich nichts von der Sache? . Soll ich jetzt einen Staat oder ein Land verachten, in dem so was überhaupt erst im grossen Stil möglich ist? Oder soll ich jetzt die ausführenden Polizisten verachten, die ihre „Pflicht“ getan haben und diesen Menschen im staatlichen und gesetzlichen Auftrag unwiederbringlich ihr Haus und Hof zerstört haben? Oder soll ich die Auftraggeber dieser Aktion verachten, die angeblichen Besitzer, die über 20 Jahre mit dieser Aktion gewartet haben. Das sind diejenigen, die es ohne Probleme mit sich selbst verantworten können, dass da jetzt fast 400 Menschen von heute auf morgen obdachlos geworden sind und die auch zuvor fast nichts zum Leben hatten. Das sind zum Teil die ärmsten der Armen. Oder soll ich all die anderen Leute hier und überall verachten, die jetzt vollmundig von Gesetzen reden, die hier nun nach so vielen Jahren endlich zum tragen gekommen sind und die da schreien, das dieses Land anscheinend doch ein Rechtstaat sei. Sorry, all das passt nicht zusammen. Hier haben so gut wie alle versagt oder man kann keinem einen Vorwurf machen. Fazit ist, das es das Dorf jetzt nicht mehr gibt, egal wer die Schuld dran trägt.

Ich rede von Doppelmoral. Ich rede von Ignoranz, von Dummheit, von Geldgier, von Korruption, von Rückständigkeit. Und ich rede davon, dass hier nicht nur ein Dorf oder eine Gemeinde zerstört wurde. Hier wurde viel mehr zerstört.

Glauben sie, dass ich unter diesen Voraussetzungen mit ihnen als Tourist in diese Gegend fahren würde, die zwar auch jetzt noch zu den schönsten und wildesten Regionen der Halbinsel Samana gehört. Wie oder warum soll ich ihnen erklären, was hier passiert ist. Denn die Trümmer liegen da und daran wird sich so schnell auch nichts ändern. Der Auftrag ist ausgeführt und nach ihm die Sintflut. Es gibt Menschen, die da jetzt erst recht hinwollen. Nicht nur wegen dem Nasenloch des Teufels, sondern um diese Tragödie life vor Ort zu sehen und diese zu fotografieren. So wird aus der Tragödie eine perverse Touristenattraktion. Die einen werden denn reflektieren – oh mein Gott diese armen Leute, andere sagen, recht so – das ist die gerechte Strafe.  Jeder wird seinen Senf dazu abgeben, was jedoch nichts an der Tatsache ändert.

Für mich ist das Nasenloch des Teufels ab sofort tabu! Es tut mir leid – ich mach das nicht und will das nicht. Für mich ist diese Region, so schön sie auch ist, derzeit ein Kriegsschauplatz. Und ich habe ehrlich gesagt Mühe mit allen Tourveranstaltern, die jetzt trotzdem noch mit Gästen dorthin hinfahren und denen es scheinbar nichts ausmacht, all diese zerstörten Häuser links und rechts der Strasse liegen zu sehen. Denn Geschäft ist Geschäft und darum geht es diesen Leuten. Genau hier hört mein Verständnis auf. Diese Dickfelligkeit ist eine der Schattenseiten – so oder so.

Apropos Holzweg! Morgen werde ich mein jetziges Domizil bei Juan und Lulu verlassen. Ich ziehe zu meiner Lebenspartnerin Norma und werde ab morgen einen neuen Samana - Lebensabschnitt beginnen. Das wollte ich im Grunde sowieso, nur nicht unter den aktuellen Umständen. Diese verdanke ich aktuell zum großen Teil jemandem, für den ich bis vor kurzem, kurz und seriös journalistisch gearbeitet habe. Derjenige ist schlicht unseren finanziellen Vereinbarungen nicht nachgekommen. Er habe viel Pech gehabt und mir fehle das dazu nötige Verständnis. Denn er ist seiner Meinung nach kein „Böser Bube“ – der bin ich, weil ich nicht solidarisch das Genick eingezogen habe und z.B. so was wie das hier verlautbare.  Der sogenannte Witz an der Sache ist, dass derjenige kein „böser“ Dominikaner ist sondern ein „ehrbarer“ Eidgenosse. Also ein Schweizer, der nicht hier in der dominikanischen Republik lebt, aber gerne engagiert von anderen über dieses Land und Haiti schreiben lässt. So einer ist jemand, der seiner Mutter sicher kein gestohlenes Mobiltelefon zu Weihnachten schenken würde. Er ist einer von den Leuten, die eigentlich nur Gutes im Schilde führen. Das er in meinem Fall durch seine schwierigen und persönlichen Umstände mich in missliche Umstände bringt, mag zwar sein ist aber nicht relevant. Denn er hat ganz andere Probleme und man muss doch  ganz viel Verständnis und noch mehr Goodwill zeigen. Ansonsten fühlt er sich hintergangen und verraten in seinem Bestreben, das Richtige zu tun. Darum nennt man diese Menschen auch „Gutmenschen“. Fröhliche Weihnachten wünsche ich derweil allen Lesern, denn ab morgen muss ich sehen, wie ich von dort online gehen kann. Es gibt ja bekanntlich auch Internetcafes. Irgendwas wird sich das ergeben, aber es herrscht jetzt erst mal Funkstille meinerseits. Das gilt auch für weitere News zu unserem Projekt „la Casa de Norma“. Sollte jemand Interesse haben, findet er dort so etwas Altmodisches wie Telefonnummern. Oder er kann mir was via Marc Braukmann oder andere Leute aus Las Galeras etwas ausrichten lassen – denn die Buschtrommeln funktionieren auch hier.

Montag, 14. November 2011

Ciguatera - Fischvergiftung und Krankheit

Ciguatera ist eine Krankheit so alt wie die Entdeckung der Erde. Als Captain Cook 1774 auf den Neuen Hebriden landete, fingen ein paar seiner Leute in den nahegelegenen  Riffen Fische. Allesamt erkrankten und die 16 Schweine, die von den Resten der Mahlzeit fraßen, starben.

Was ist Ciguatera?
Ciguatera ist weltweit die häufigste Fischvergiftung. Aber: Mit Fischvergiftung assoziiert man meist den Verzehr von verdorbenem Fisch oder den von giftigen Fischen. Das ist bei Ciguatera nicht der Fall. Ciguatera ist eine Krankheit, die durch Fischgenuss auf den Menschen übertragen wird. Der bereffende Fisch ist er zwar infiziert, aber das hat keinerlei Einfluss auf sein Leben und ist für den Fisch absolut ungefährlich. Man kann einem Fisch nicht ansehen, ob er mit Ciguatera verseucht ist. Je älter ein Fisch ist, umso mehr Gift sammelt sich in seinem Körper. Ciguatera ist eine Vergiftung des Nervensystems durch Giguatoxin. Eine hitzestabile, ölige Substanz, die sich im Gewebe mancher Fische im Lauf seines Lebens ansammelt.

Wie entsteht Ciguatera?
Das Geheimnis der Vergiftung ist ständige Anreicherung in der Nahrungskette. Oder besser gesagt Das eine gibt das andere! Die Ursache liegt bei Einzellern oder Dinoflagellaten (, z. B. Gambierdiscus toxicus). Das sind Mikroorganismen und diese produzieren die Gifte. Sie leben in Meeresalgen. Diese Algen kommen vermehrt auf Korallenriffen vor. Dinoflagellaten leben auf Algen der Korallenriffe und nicht auf Plankton. Diese Dinoflagellaten bilden ein Nervengift, das sog. Ciguatoxin, das über die Nahrungskette in die Algen verzehrenden Korallenfische (Doktorfische, Papageienfische) gelangt, bei diesen jedoch nicht wirkt. Fischen, die diese Algen fressen ist die Vergiftung selber nicht anzumerken. Der Giftstoff Ciguatoxin reichert sich im Laufe der Nahrungskette Dinoflagellaten – Alge – Pflanzenfresserfisch – Raubfisch – Mensch immer weiter an und wird aufkonzentriert. Unter dem Gift leidet nur der Mensch am Ende der Nahrungskette.

Wo kommt Ciguatera vor?

Betroffene Gewässer: Besonders ozeanische Korallenriffe, küstennahe Bereiche, Riffgebiete der Kontinente und der Inseln, nie die Hochsee.
Geographisch: zwischen dem 34° nördlicher und 34° südlicher Breite. Natürlich sind Ciguatera - Vergiftungen auch dort möglich, wo Fische aus den betroffenen Gebieten importiert werden.
Eine Ciguatera tritt ohne jede Vorwarnung in einem lokal begrenzten Bereich epidemieartig auf. Eine Bucht kann voller Gift sein, während die Nachbarbucht in Ordnung ist. Aus der Karibik (worunter hier auch Florida zählt), den Inseln im Südpazifik, Hawaii und an der Nordküste Australiens (Northern Territory, Queensland) werden regelmäßig Ausbrüche gemeldet.

Welche Fische sind besonders betroffen?
Ciguatera ist eine Krankheit mit vielen offenen Fragen. Fische, die an einem Ort jahrhundertlang geniessbar waren, sind plötzlich hochgiftig. Woran das siegt ist bislang noch nicht geklärt. Im Prinzip kann jeder Fisch aus einem "vergifteten" Gebiet Träger dieser Substanz sein. In einigen Gegenden der Welt kann praktisch jeder Fisch Ciguatera auslösen. Das erklärt auch die besonders hohe Konzentration in den Fischen, die in der Nahrungskette ganz oben stehen, den Raubfischen (Barrakudas, Makrelen, Schnapper, Muränen, Stachelmakrelen und Zackenbarsche).
Besonders häufig betroffen aber Ist der Barrakuda und der Rote Schnapper (Red Snapper - Lutjanus bohar. Der "Red Snapper" (lat. Lutjanus campechanus) oder auch "Roter Schnapper" gehört zur großen Lutjanidae-Familie, der über hundert Schnapperfisch-Arten zu gerechnet werden. Sie zählen zur sehr artenreichen Ordnung der barschartigen Fische. Ihre Nahrung erbeuten sie durch plötzliches Zupacken, worin auch der Name begründet ist.

Die Tiere leben als Raubfische in allen subtropischen Meeren, wobei im Golf von Mexiko die Mehrheit aller Fänge aus Red Snapper Fischen bestehen. Die Hauptnahrung dieser Raubfische sind Fische, Garnelen, Krebse, Schneckenwürmer und Tintenfische. Sie können  bis zu einem Meter lang, über 20 Kilogramm schwer und bis zu 20 Jahre alt werden.

Im zentralen Pazifik und in der Karibik ist Ciguatera eine ganz alltägliche Krankheit, im Westpazifik, dem Indischen Ozean, dem Atlantik und dem Mittelmeer aber praktisch unbekannt.




Wie verläuft eine Erkrankung an Ciguatera?

Inkubationszeit: Zwischen dem Verzehr der Fische und dem Auftreten der Symptomatik vergeht wenig Zeit. Der Mittelwert liegt bei 5,5 Stunden

Anfangs-Beschwerden:
·         Schwitzen, Taubheitsgefühl und Brennen, vor allem im Mundbereich.
·         Dann treten später folgende Beschwerden auf: Schüttelfrost, Schwindelgefühle, Übelkeit, Erbrechen, Durchfälle, Unterleibsschmerzen und Muskelkrämpfe. Parästhesien (Juckreiz, Kribbeln, Taubheitsgefühl) an den Lippen, der Mundschleimhaut und vor allen an Handinnenflächen und Fußsohlen. Außerdem breiten sich die Taubheitsgefühle in Hände, Füße sowie im Gesicht aus.
·         Das Wärme- und Kältegefühl dreht sich teilweise um. Bei Kontakt mit Kälte schmerzhafte, brennende oder kribbelnde Empfindungen an den Händen oder Füßen. Dies kann bei dem Kontakt mit kalter Luft und beim Schlucken kalter Nahrung oder Getränke auftreten.
·         Bei dem Kontakt mit Hitze ist keine umgekehrte Empfindung festzustellen. Diese Kälteempfindlichkeit ist ein typisches Merkmal bei einer Ciguatera-Vergiftung.
·         Es können Lähmungen der Skelettmuskulatur, einschließlich der Atemmuskulatur, Schwindel und Koordinationsstörungen auftreten.
·         Muskelschmerzen, Gelenkschmerzen, Kopfschmerzen, Zahnschmerzen, Frösteln und Schwitzen sind weitere Symptome.
·          Allgemeines Schwächegefühl entsteht.
·         Alkoholverzehr verschlimmert die Beschwerden.

Die Beschwerden können, je nach Gewicht und Alter der Person, sowie der Menge des aufgenommenen Gifts in ihrer Stärke schwanken. Es gibt keine klar abgegrenzte Symptomatik, Verwechslungen mit anderen Vergiftungen durch andere Giftstoffe sind leicht möglich.

Wie kann man Ciguatera behandeln?
Eine Behandlung, die gegen das Gift selbst gerichtet ist, ist nicht möglich. Ein Gegengift existiert nicht.

Erwirbt man sich durch die Erkrankung Immunität?
Nein, im Gegenteil. Wenn man Ciguatera überstanden hat, ist man keinesfalls immun. Mit jeder erneuten Konsumation von infiziertem Fisch erkrankt man aufs Neue und  der Krankheitsverlauf verschlimmert sich jedes Mal und die Beschwerden nehmen immer mehr zu. Ciguerta ist darum im Prinzip nicht heilbar. Aus diesem Grund müssen in betroffenen Gebieten viele Menschen bereits ganz auf den Verzehr von Fisch verzichten.

Geht das Gift beim Zubereiten von Speisen kaputt?
Das Gift ist fettlöslich, was die Aufnahme zusätzlich begünstigt und hitzestabil. Durch Braten, Kochen, Räuchern oder Tiefkühlen geht die Giftwirkung nicht verloren.

Was sagen die Einheimischen zur Ciguatera?
"Iss keinen Fisch. Falls Du es nicht lassen kannst, gebe zuerst des Nachbarn Katze einen Brocken und beobachte sie einige Stunden. Falls der Nachbar keine Katze hat, gebe dem Ältesten aus der Familie ein Stück zu versuchen. Erlebt er den nächsten Sonnenaufgang, kannst Du beruhigt Deine Familie versorgen."
Karibische Lebensweisheit.