Kühlung ohne Strom? Adiabatische Kühlung
Es geht um die größten Stromfresser, die wir hier in der Dominikanischen Republik haben. Das sind im privaten Bereich Kühlung, Tiefkühlung & Klimaanlagen. Vor allem Kühlung von Lebensmitteln und Getränken und die Konservierung oder längere Haltbarkeit durch Tiefkühlung.
Eines der elementarsten Probleme auf dem Campo von Samana ist der elektrische Strom. Es gibt hier Strom, aber leider noch nicht überall und auch nicht immer. Campo bedeutet in diesem Fall ein Barrio (Ortsteil) für Einheimische oder eine kleine Landgemeinde oder Weiler abseits der Touristengebiete. Können sie sich vorstellen, wie es ist, über mehrere Stunden am Tag keinen Strom zu haben? Oder noch extremer, sie haben überhaupt keinen Strom! Dazu kommt die erschwerende Tatsache, dass Strom hier extrem teuer ist. Wer weiß, was er genau pro kWh bezahlt? Wir bezahlen hier zwischen 14 und 18 Pesos pro kWh. Das ist umgerechnet derzeit zwischen 0,27 und 0,35 Euro pro kWh.
Wir leben in den Tropen und es ist entsprechend heiß. Über einen Mangel an täglichen Sonnenstunden können wir uns mit Sicherheit nicht beklagen. Diejenigen, die e sich leisten können, schalten die Klimaanlage an. Klimaanlagen sind bekanntlich Stromfresser. Auch ein einfacher Ventilator verbraucht viel Strom. Kühlschränke und Tiefkühler laufen hier meistens auf Hochtouren und vereisen entsprechend schnell. Alternativen bieten Wind oder Solartechnik, Gaskühlschränke und auch adiabatische Kühlung. Auf die Letztere möchte ich hiermit näher eingehen.
Was
ist adiabatische Kühlung (Verdunstungskühlung)
Es geht um ein Naturgesetz. Allgemein bekannt ist, dass Luft die Eigenschaft hat, Wasser in Form von Wasserdampf aufzunehmen. Unsere Luft versucht immer Wasserpartikel zu verdunsten (zu verdampfen) und in sich zu speichern, und dies solange, bis sie "gesättigt" ist. Luft ist bei 100% Luftfeuchtigkeit gesättigt.
Verdunstungskälte ist die umgangssprachliche Bezeichnung für eine physikalische Erscheinung, die man richtiger Verdunstungskühlung nennen sollte. Damit ist die beim verdunsten einer Flüssigkeit auftretende Abkühlung der Flüssigkeit selbst und ihrer Umgebung gemeint. Diese Abkühlung wird dadurch verursacht, dass der Flüssigkeit und ihrer Umgebung die zum Verdunsten erforderliche "Verdunstungswärme" (Verdampfungswärme) entzogen wird. Man nennt dies mit dem Fachausdruck "adiabatische Kühlung".
Dieser Verdunstungsvorgang und damit die Verdunstungskühlung verstärkt sich, wenn der so entstehende Dunst durch einen trockenen Luftzug möglichst rasch abgeführt wird, sodass ständig wieder ungesättigte Luft an die Stelle gelangt, wo die Verdunstung stattfindet.
Ist die uns umgebende Luft mit Wasserdampf gesättigt, beträgt die relative Luftfeuchte wie gesagt 100%. Es findet dann keine Verdunstung mehr statt und demzufolge auch keine Wärmeabfuhr mehr.
Zum besseren Verstehen ein Beispiel:
Man
weiß, wie kalt es einem ist, wenn man an einem trockenen, heißen aber windigen
Tag nass dem Wasser entsteigt und die Haut an der Luft trocknet. Man weiß auch,
wie kühl sich ein angeblasener Finger anfühlt, den man zuerst in ein Glas
Wasser getaucht hat. Diese Kühlung ist real und man kann diesen Effekt auch zur
Kühlung nehmen oder anwenden.
Das Prinzip ist nicht neu und wird zum Teil seit tausenden Jahren von Mensche in entsprechenden Klimazonen angewendet. Bekannt ist das zum Beispiel in sehr trockenen Regionen der Welt wie zum Beispiel in Afrika. Dort kühlt man in ländlichen Regionen ohne permanente elektrische Stromversorgung seit jeher mit sogenannten Kühltöpfen. Das Prinzip ist so einfach und somit hinlänglich bekannt. In unserer sonst so modernen Welt wurde diese Art der Kühlung längst durch die anfangs genannten Elektrogeräte abgelöst. Auf der anderen Seite rückt die adiabatische Kühlung durch das heutige vermehrte Umweltbewusstsein immer mehr in den Blickpunkt vor allem von Klimatechnikern. Dabei geht s jedoch meistens um teure Hightech und sogenannte Alternativtechnologie.
Eine 24 Jahre alte britische Studentin hat sich über adiabatische Kühlung Gedanken gemacht. Sie nutzt zur Kühlung jedoch keine Photovoltaik, keinen elektrischen Strom, keine Chemikalien und auch keine beweglichen Teile, um den gewünschten Kühleffekt zu erzielen. Die junge Frau wendet die Logik der Kühlung auf der Basis von Verdampfung (adiabatische Kühlung) mit einem simplen, billigen und doch genialem System an. Sie nutzt somit eine der grundlegenden Anwendungen der Gesetze der Physik: „Ersetze etwas durch nichts“. Man wendet das bekannte Verdampfungsprinzip durch die von der Sonne ausgehende Wärme an. Ein ideales Konzept für Dörfer, wie bei uns hier auf Samana, ohne Strom und ohne Geld für teure Photovoltaik (Solarpaneels).
Kommen wir auf den Punkt!
Ihr Kühlgerät besteht aus zwei ineinander gestellten Zylindern. Während der innere Zylinder aus Metall (rostfreier Edelstahl) ist, kann der äußere aus Holz, Plastik oder auch aus Keramik hergestellt werden. Der Raum zwischen dem inneren und dem äußeren Zylinder wird mit gefilzter Wolle (Lumpen), Sand, Erde oder anderen Wasser aufnehmenden Materialien gefüllt. Sogar zerrissene Zeitungen können angewendet werden.
Die Lebensmittel oder as Kühlgut werden im inneren Zylinder platziert. In den Zwischenraum zwischen den beiden Zylindern wird einfach soviel Wasser geschüttet, bis die jeweilige Füllmasse gut durchtränkt ist. Der Zylinder wird gut verschlossen, damit das Kühlgut nicht mit dem Dämmmaterial in Berührung kommt. Sobald die Sonne den äußeren Zylinder erhitzt, verdampft das Wasser im Zwischenraum und die Wärme im inneren Zylinder mit dem Kühlgut wird entzogen. Da das Dämmmaterial das Metall des inneren Zylinders berührt, entzieht die Sonnenstrahlung dem Kühlbehälter die Wärme. Je kompakter und leitfähiger die Füllmasse und der innere Zylinder sind, desto schneller wird die Wärme aus dem Innern des Zylinders ausgeleitet. Die innere Kammer wird so sehr kalt. Der innere Zylinder kann so über Tage eine Innentemperatur von 5-6 Grad halten. Mann muss nur immer genug Wasser zum verdunsten nachfüllen.
Ersatzteile sind bei dieser Technik nicht notwendig. Durch Wiederauffüllen der Füllmasse mit Wasser wird die Kühlung bei direkter Sonneneinstrahlung oder Zufuhr von Wärme fortgesetzt. Gebiete mit einer durchschnittlichen Sonnenscheindauer von 10 Stunden pro Tag bieten ideale Bedingungen diese Erfindung. Eventuell muss man die so entstehende feuchte Luft oder bei zu hoher Luftfeuchtigkeit zum Beispiel durch ein mit Wind betriebenes Gebläse ableiten.
Der Hauptkritikpunkt ist, dass dieser Öko-Kühlschrank komplett von der Natur abhängt, um das Innere kühl zu halten. Bei sorgfältiger Auswahl der Materialien für das Dämmmaterial und für den Innenzylinder könnte so eine sehr ertragreiche Geschäftsidee entstehen, die das Thema der Kühlung in tropischen Gebieten revolutioniert.
Noch einmal!
Die
Anwendung der adiabatischen Kühlung ist sehr alt und beruht auf dem einfachen
Prinzip,
dass Wasser, wenn es in einem abgeschlossenen System verdunstet, diesem
System
Wärme entzieht, und damit die Systemtemperatur abnimmt. Man sieht hier bei uns öfters in hiesigen Colmados
(Tante Emma Laden). Dort hängt man eine Plastiktüte mit Wasser unter das heiße Zinkdach
und durch die Verdunstung entsteht etwas Kühlung und es vertreibt die Fliegen. .
Im
Bereich der Lebensmittelkühlung fand und findet die adiabatische Kühlung ihre
Anwendung. Erwähnt sei hier nur der historische Wassersack aus Ziegenhäuten. Oder
der sogenannte ‘’Keferloher Maßkrug’’. Das ist der klassische tönerne oder keramische
Bierkrug, der zurzeit auf dem Oktoberfest in München im Einsatz ist und dessen
Gefäßoberfläche ständig mit Flüssigkeit benetzt ist, so dass die enthaltene
Flüssigkeit durch die Verdunstung an der Oberfläche permanent gekühlt wird.
Ich
werde bei uns in der Casa de Norma ausprobieren, ob sich dieses alternative
Kühlprinzip auszahlt und wie es bei uns funktioniert. Wenn ja, denke ich, das
ich damit einen alternativen Kühlschrank bauen kann, der sehr vielen armen
Leuten vor Ort eine große Hilfe sein wird und somit eine sehr gute
Geschäftsidee darstellt.
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