Samstag, 7. April 2012

Was ist eigentlich semitouristisch? Ein semitouristischer Dreiteiler (Teil 1)


Vor kurzem wurde ich in Facebook gefragt, was eigentlich semitouristisch bedeutet. Der Begriff ist eine eigene Wortkreation, die sich aus semi (also halb) und touristisch zusammensetzt. Halbtouristisch ist ein Wort, das schnell falsch interpretiert wird. Das klingt wie „halbgar“, „halbherzig“ oder „halbfertig“. Der Begriff touristisch hingegen sollte hinlänglich klar sein! Ist er das? In der alten Welt bedeutet touristisch eine bis ins letzte erprobte und bewährte Sehenswürdigkeit, eine Betätigung wie z.B. eine Erkundung, Besichtigung und vor allem die korrekte Erklärung einer sehenswerten Sache. Es geht um Dinge, die fremde Menschen (Touristen) interessiert und die sie darum gerne selber Erleben oder kennenlernen möchten. Das ist meist mit Aufwand für alle verbunden, ist womöglich etwas Historisches und man ist als Anbieter, als Region oder Land vor allem sehr Stolz darauf. Es geht hier oft um Qualität. Dominikanischer Tourismus dagegen bedeutet in erster Linie Business. Geschäfte betreibt man logischerweise effektiv und vor allem gewinnbringend. Man könnte es auch so umschreiben: mit dem wenigsten Aufwand den größten Gewinn zu erzielen. Ausnahmen bestätigen diese Regel.

ECO - Tourismus ist hier bei uns eine relativ neue Erkenntnis die sich mit dem „klassischen“ Tourismus der Dominikanischen Republik das Feld teilt! Das Wine funktioniert aber nicht ohne das Andere! Diese moderne Art von „grünem“ Tourismus geht zum Teil in die Richtung semitouristisch, aber zum größten Teil in die altbewährte Richtung touristisch - wo in erster Linie viel Geld gemacht wird. Hier haben neuerdings auch Einheimische ohne große „touristische“ Ausbildung eine „semitouristische“ Chance, etwas am geldbringenden Tourismus zu partizipieren. Wenn man sie lässt! Und hier zeigt sich auch, wie schnell man lernt! Denn auch hier geht es um „schnelles Geld“, überrissene Angebote und andere Fehler, wie mangelnde Sicherheit, ect.  ECO wird vom europäischen Gast aber gerne mit ÖKO verwechselt oder der Begriff ÖKO wird hier als ECO verpackt. Das klingt dann besser oder einfach positiver, weil ECO auch hier in aller Munde ist. Saubere Umwelt, der Erhalt der natürlichen Umwelt und deren Schönheit wird jedoch aus Nichtwissen oder dem noch fehlenden Verständnis dafür oft vernachlässigt. Es ist ein Lernprozess wie alles.

Der Markt vor Ort wird längst von einigen wenigen Machern und Anbietern bestimmt. Die entscheiden, was dem Gast / Touristen letztendlich gezeigt wird, oder was touristisch ist. Das Altbewährte gibt dabei den Ton an. Das wäre hier auf Samana der Wasserfall von El Limon, die Cayo Levantardo, das Whalewatching und nicht zu vergessen der Nationalpark Los Haitises. Während eines Urlaubs reicht das gut an Action für den normalen Gast und Erstbesucher. Der Stammgast lernt dazu und sucht sich seine Ziele entweder online oder zieht einfach alleine los. Etwas wie neutrale Verkehrs - oder Touristische Büros gibt es nicht. Der Tourismus ist in der Hand der Privatwirtschaft.

Wenn nun eine „neue“ touristische Attraktion in den Blickwinkel der „Macher“ fällt oder deren Aufmerksamkeit erregt, kommt in der Regel schnell eine Art Seilschaft zum tragen oder nennen wir es verschiedene Geschäftspartner.  Der gewinnbringende Kuchen wird erst mal sauber aufgeteilt. Da wird festgelegt, wer was macht und wer was erhält. Wenn das Produkt steht – sprich eine neue Tour, dann wird es oft amtlich oder verbandslastig. Ein gutes Beispiel ist die Boca de Diablo bei El Cruce oder Las Galeras. Oder ein anderes Beispiel ist die Playa El Valle oder überhaupt die Region El Valle.

Kommen wir zurück zur Boca de Diabolo. Es ist dort sehr ruhig geworden – seit dort von staatlicher Seite mit dem Holzhammer angerichtet wurde. Die ehemaligen und langjährigen Einwohner von dort wurden per Dekret vertrieben. Bei einer jetzigen Durchfahrt denkt man an ein Kriegsgebiet. Wie erklärt man das dem Gast? Es sieht dort wirklich recht traurig aus – aber, da scheint was im Gange zu sein! Wir sind da vor 2 Tagen durchgekommen, und sahen so etwas wie Aufschwung an den zerstörten Häusern. Scheint man an einen Wiederaufbau zu denken? Oder werden dort einfach die Zementblogs aus dem zerstörten Mauerwerk geschlagen, um sie woanders wieder zu verwenden? Ich weiß es nicht.  Soviel zu dieser wunderschönen oder einmaligen, einstigen semitouristischen Gegend!

Die Verbände in der Dominikanischen Republik bestimmen und regeln z.B. das Transportwesen (Tourismus ist ein Teil davon) in diesem Land. Es gibt den Transport Publico (öffentlicher Verkehr) und den Transport - oder das Taxi Touristico (mit spezieller Ausbildung und Genehmigung, um die hochwillkommenen Touristen im Land professionell zu transportieren). Transport Touristico ist etwas „ anspruchsvoller“ und die entsprechende Lizenz kostet entsprechend. Die Fahrzeuge im touristischen Einsatz sind in relativ gutem Zustand. Darum wird es von Vielen (Anbietern) nicht gerne gesehen, wenn Touristen in ein normales Publico oder noch schlimmer in ein Privatauto steigen. Das ist hier schließlich kein Backpackerland, sondern man will zumindest regional (Karibik) in der touristischen Oberliga mitmischen. Aus einem Publico wird hier aber bemerkenswert schnell ein Touristico, wenn sich die Möglichkeit bietet  – was sich dann zumindest sehr im Preis bemerkbar macht. Die Grenzen im Geschäft des Transports sind offensichtlich sehr fließend, nach außen jedoch sehr strikt. Dafür sorgen die Macher und die Transport - Verbände. Am Besten nicht einmischen!

Die Halbisel Samana ist bekanntlich ein touristischer Spätzünder oder erst in den letzten Jahren bewusst in das Gesichtsfeld der „Touristiker“ geraten. Darum herrscht hier jetzt richtige, touristische Goldgräberstimmung und eine Vielzahl von verschiedenen Anbietern balgen sich um den vermeintlichen Kuchen. Langsam zeigt sich hier vor Ort, in welche Richtung es touristisch geht und diese ist Luxus, kombiniert mit „einmaligen“ Erlebnis. Vor allem wird immer offensichtlicher, wer die Gewinner bei dem Spiel sind. Hier werden aus romantischen Fischerdörfern mit „typisch“ karibischem Flair neue touristische Zentren. Der offensichtliche Nachteil; so verlieren diese leider genau dieses Flair.  Aber diese Tatsache geht leider im Eifer des Gefechts etwas unter. Man spuckt hier schließlich in die Hände! Groß im Geschäft ist darum das Real Estate und das Bauwesen. Das Geschäft mit Grundstücken, karibischen Traumvillen und deren Bau zählt zu den größten Gewinnern vor Ort. Bald an jeder Ecke hängt heute das Schild „Se Vende“  (zu verkaufen). Die auch hier immer ernster gemeinte und gut sichtbar angebrachte Signalisation „Privado“ (betreten oder Durchfahrt verboten!) begegnet einem auf der ganzen Halbinsel immer öfter. Das Real Estate und das Bauwesen sind somit die lokalen Königsklassen im Tourismus - Business! Auch hier sind die Seilschaften gewaltig am ackern und so rückt der karibische Traum für die weltweiten Fans mit genügend Geld bei uns in verlockende Nähe.

Auf der Strecke bleibt mitunter die Natur, die mehr und mehr kultiviert wird. Und man steht damit erst am Anfang. Frage – ist der Garten Eden „Natur pur“ oder eine angelegte Parklandschaft für Leute mit genug Geld?

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