Montag, 9. Februar 2015

“La Casa de Norma” Las Galeras – der Versuch einer Definition



Mit dem Kochen ist es wie mit allen Dingen, die sich im ständigen Wandel befinden. Kochen ist  dabei sehr menschlich – mitunter ist es mit das Menschlichste, was es gibt. Tiere kochen nicht, aber sie (f)ressen wie wir. Ohne das geht es leider nicht….

Damit sind wir bereits bei  einem sehr aktuellen Problem. Dem Einen schmecken unter anderem die Tiere – der Andere isst  aus persönlichen oder sogar religiösen Überzeugungen nur pflanzliche Produkte! Klar ist - Jedes Lebewesen braucht körperliche Nahrung in irgendeiner Form.  Wir Menschen sind in unserer Entwicklung soweit gekommen, das wir ernsthaft und seriös darüber nachdenken, was und wie wir essen. Das ist gut so, denn nicht alles, was man sich in den Mund steckt,  tut einem auch gut! Unser modernes Essen und genauso das Kochen hat etwas mit dem aktuellen Zeitgeist, unserer Kultur und mit Mode zu tun. Wir wissen heute viel mehr über unsere Nahrung und deren Auswirkung auf das körperliche und geistige Wohlbefinden.
Sagen wir es mal einfach so – wir stehen trotz allem Fortschritt  immer noch relativ am Anfang der bewussten Nahrungsaufnahme. Aber wir lernen und arbeiten daran. Mache machen das bewusst aber wir alle brauchen schlicht was im Magen. 

Warum echte Köche heute  eigentlich mehr  zu Koch – Künstlern  und Lebensmittelspezialisten sind, wird uns durch das Verstehen der Thematik Lebensmittelkunde mehr und mehr bewusst. Es geht mir in meinem Fall  heute längst nicht mehr nur um „den speziellen Geschmack“ oder um die praktizierte Raffinesse beim Kochen. Mir geht es für mich und meine Gäste heute um all  das Wissen über die verwendeten Produkte und deren Wirkung auf unseren Geist und Körper. 

Es ist allgemein bekannt, das sich viele moderne Zeitgenossen  heute krank essen oder fressen! Man entschuldige mir diese Äußerung! Daneben verhungern   in dieser und unserer modernen Welt immer noch Menschen und Tiere. Ist das nicht peinlich? Das sehe ich als Skandal oder bewussten Massenmord. Viele glauben, das man das nicht ändern könne. Ich sehe das anders. Und trotz dem uns heute zur Verfügung  stehendes Wissen über Lebensmittel,  gesunde Produkte und  gutes Essen lassen wir uns von der sogenannten Lebensmittelindustrie entweder mästen oder zum Teil sogar vergiften. Scheinbar sind wir  immer noch bloß dumme Konsumenten oder Tiere geblieben? Manchmal beschleicht mich das Gefühl, das es genau so ist. Nur,  das die Tiere oft intuitiv mehr über gutes Futter wissen, als wir.  Es ist wie jemand, der zwar schreiben und lesen kann, aber trotzdem so gar nicht verstanden hat, was in einem Buch steht.  Ich bin darum als bewusster Koch schon eine ganze Weile aus dem System ausgestiegen.  Wer also etwas von mir gekocht haben will, dem sollte das zumindest im Ansatz klar sein. 

Genau hier sehe ich meine Mission als Koch und Gastgeber. Ich möchte meinen Gästen etwas bieten, was über den flachen Blick in den Kochtopf hinausgeht. Dazu brauche ich das Verständnis der Gäste und darum möchte ich sie beim Prozess der Planung  und des Kochens an sich teilhaben lassen –was  für mich bereits bei der Wahl der Produkte beginnt. Das ist für mich sehr spannend, wenn jemand Interesse daran hat. Wenn nicht, dann tut er das, was alle tun – er isst das für ihn gekochte und sagt mir letztendlich „das war es mir wert“.  Wenn nicht, dann haben wir ein Problem. So einfach ist das!
Und darum nenne ich meinen Wirkungsbereich auch nicht einfach ein zwar etwas abgelegene oder touristische Restaurant „La Casa de Norma“ bei Las Galeras. Es ist weit mehr! Es ist sicher  kein „Gourmettempel“ oder dergleichen, wovon es heute auch hier bereits genug gibt. Es ist andererseits auch kein  Ort, wo man sich was typisches und für seine Verhältnisse vermeintlich billiges Dominikanisches zuführen kann!  Dazu gibt es wie überall auch hier genug lokale Möglichkeiten und entsprechende Etablissements. 

Ich bin nach wie vor oder immer mehr ein Einzelkämpfer für meine eigene  Interpretation von gutem Essen. Bei uns soll jeder Gast  in die Töpfe schauen und er soll genau wissen, was er auf dem Teller hat. Ich bin als Koch schon lange von dem hohen Pferd der „kulinarischen Tempelritter“  abgestiegen. Es hat mir keinen Sinn mehr gemacht, denn ich koche nicht mehr für den Applaus.  Ich will als Administrator in meiner Küche niemanden mehr irgendwie besonders beeindrucken oder zu emotionalen Gefühlsausbrüchen hinreißen. Ich hage mir, wenn man gute Produkte richtig behandelt, kommt eigentlich nichts Schlechtes dabei heraus. Und unsere Produkte sind gut, frisch und aus der Region. Ich arbeite wenn immer möglich mit den Produkten, die es vor Ort gibt. Wenn ich Glück habe, passt letztlich alles gut zusammen. Der gemeinsam eingekaufte Fisch war wirklich außerordentlich gut und die Wahl der Beilagen haben ihren Teil zum Gelingen des Menüs beigetragen. Sogenanntes „Edleres“ gibt es im 70 km entfernten Las Terrenas in den dortigen Fachgeschäften und grossen Supermärkten. Der Weg dorthin ist mir schlicht zu weit. Und es rentiert sich nicht, denn wer zahlt mir den entsprechenden Preis für solche Dinge?  Wer das trotzdem unbedingt will, für den fahre ich dorthin und stelle dann zum Schluss die entsprechende Rechnung.
 Ich kenne die Geschmacksnerven meiner Gäste nicht und letztlich liegt es an deren Bereitschaft,  den ausgetrampelten Pfad des kulinarischen Einerleis bewusst zu verlassen und sich auf ein simples Abenteuer einzulassen. Dann wird es für alle Beteiligten richtig spannend und wir haben zusammen Spaß.  Wer Spaß dann aber über den zu bezahlenden Preis bestimmt, der liegt bei mir falsch. Und das sollte ihm beim Besuch unserer Einrichtung von vorne herein klar sein. Dann passt die Chemie. Alles hat seinen Preis!

Soweit mein Versuch! Wer den Weg zu uns findet, mit den lokalen Gegebenheiten klar kommt – alles ist von uns selbstgebaut und darum sicher nicht perfekt, aber alles kommt von Herzen. Wer diese Weg findet, der erhält die Möglichkeit, speziell zu essen und sich auch noch über Produkte und deren Verwendung schlau zu machen. Eigentlich alle, die den Weg gefunden haben, hatte bisher Spass und ein Erlebnis der speziellen karibischen Art. Und genau so soll es bleiben und eventuell mehr und mehr wachsen und zu einer Art Institution des speziellen Geschmacks zu werden. Das möchte „La Casa de Norma“ letztendlich sein! – nicht mehr und nicht weniger.

Las Galeras, den 9. Februar 2015