Ich
bin seit mehreren Wochen praktisch sprachlos – online wohlgemerkt. Es sind vor
Ort zu viele Dinge vorgefallen, die mir im Moment zu denken geben. Ich muss mit
mir selber wieder klar kommen. Ich muss meine Ideen und Ziele neu überdenken und
mir darüber klar werden, was Sinn macht und was nicht! Und es geht um „La Casa
de Norma“! Unser Engagement, der gute Wille und Einsatz bei der Realisation bis
zum Umfallen; all das steht auf dem einen Blatt. Auf dem anderen steht ein
Wort, das man als Wertschätzung bezeichnen könnte.
Gestartet
haben wir unser Projekt im November 2011 mit sehr viel Elan. Bereits vorher
waren wir auch online präsent und man konnte praktisch life mitverfolgen, die
das Projekt gewachsen ist. Die Online - Anteilname war all die Zeit sehr groß. Eine
meiner derzeitigen Überlegungen ist darum praktisch mehr eine Frage. Wie weit
deckt sich das Onlinegeschehen mit der Realität vor Ort. Unsere Webseite wurde sehr
fleißig besucht – dank Facebook stehen wir mit sehr vielem Menschen aus aller
Welt in zum Teil regem Kontakt. Das ist die eine Seite. Die andere Seite -
trotz all der Kontakte, der Willensbekundungen, der Gratulationen, Kommentare,
ect sind wir real praktisch alleine.
Menschen
in Urlaubsvorfreude zählen praktisch die Tage und verkünden das heute gerne online.
Wenn sie dann hier sind, sieht es etwas anders aus. Man könnte meinen, das ihnen
hier dauernd was dazwischen kommt und letztlich kommen sie teilweise gar nicht.
Man bedenke, zwischen Europa und der dominikanischen Republik liegen 10
Flugstunden und einige tausend Kilometer. Zwischen unserem großen Hotel vor Ort
und der Casa de Norma liegen lediglich 4,5 km oder 1,5 Stunden reinem Fußweg.
Mit einem Fahrzeug dauert die Fahrt zu uns maximal 15 Minuten. Aber anscheinend
sind diese realen 4,5 km so was wie eine fast nicht überwindbare Hürde. Man
beachte, wir liegen bekanntlich nicht an der lauten Hauptstrasse, auch an keinem
Traumstrand vor Ort und auch nicht im „touristischen Zentrum“. Somit sind wir
anscheinend für die Meisten so etwas wie out of Space!
Meine
Überlegung für das Projekt war und ist es, den Menschen aus Übersee das wahre
dominikanische Leben zu zeigen und sie als Gäste zu empfangen. Denn genau da
sind wir und zwar mittendrin, im dominikanischen Leben ohne doppelten Boden! La
Casa de Norma liegt zwar an einer touristisch stark frequentierten Strasse –
der Strasse an die Playa Rincon. Das einzige was wir Tag für Tag davon
mitbekommen ist der touristische Durchgangsverkehr. Wir liegen am Weg, aber
sind nicht das Ziel. Uns geht derweil die Luft aus, während wohl gelaunte
Touristenexkursionen mehrmals am Tag an uns vorbeiziehen. Das ist die Realität.
Wir
sind nach wie vor sehr unscheinbar, gar nicht plakativ und wollen das auch
nicht sein. La Casa de Norma ist kein Touristenlokal sondern eine Art
Institution, ein Ort der Begegnung oder ein Ort, wo Welten aufeinander treffen.
Ein mittlerweile gepflegtes Grundstück, ein angelegter, tropischer Nutz - Garten,
Tische und Bänke, eine original dominikanische Küche und sehr viel Einblick in
das every Day Life laden hier bei uns zum Verweilen ein. Eine gemütliche
Raststelle, ein Ort zum Verweilen, abseits des normalen Trubels.
Aber
anscheinend ist es nicht das, was diese Leute interessiert. Für sie ist diese
Strasse lediglich eine Sightseeingstrecke zur Playa Rincon. Es ist wie im Kino
zu sitzen und den Film Revue passieren lassen. Der Unterschied ist, das man im
Kino in der Regel keine Videokamera dabei hat, um sich den Film später
gemütlich zuhause anzusehen – obwohl das bekanntlich auch viel gemacht wird.
Etwas
anderes ist die Erwartung? Denn wir bieten auch etwas Konkretes! Wir kochen
dominikanisch oder kreolisch. Das macht außer uns weit und breit niemand – es sei
denn, man verwechselt die Garküchen entlang der Strasse mit dominikanischer
Küche. Bedeutet das, dass wir hier lowprice kochen? Nein, das bedeutet, dass
wir ausschließlich mit lokalen Produkten arbeiten, alles vor Ort einkaufen und
vor allem, das alles absolut frisch gekocht wird. Alles was sie heute essen, ist
nicht industriell vorbearbeitet oder gekocht, kommt nicht aus einem Beutel und
macht uns entsprechend viel Arbeit. Das Einkaufen und Besorgen, vorbereiten und
kochen. Das gilt für alles, was sie bei uns bekommen. Wir verwenden zum kochen weder
Mikrowelle, keine Elektrogeräte (außer unserem PC um mit ihnen zu
kommunizieren), wir kochen auf Holz oder Kohle und nur ausnahmsweise auf Gas. Der
Fisch kommt aus einer Fischhandlung, rund 1,5 Kilometer entfernt ist absolut
frisch und wird dort kurz vor der Zubereitung für sie geholt. Wir fischen nicht
selber, sondern kochen für unsere Gäste das was wir dort bekommen. Dabei achten
wir penibel auf die Qualität.
Eine
dominikanische Eigenheit ist, das so gut wie alle Produkte aus bestimmten
Gegenden kommen. Das gilt vor allem für Gemüse, Obst und Früchte. Denn es ist
ganz und gar nicht so, dass hier alles überall wächst – obwohl wir in den
Tropen sind. Eine weitere Eigenheit ist, das obwohl wir praktisch direkt am
Meer leben, jeder Fisch teurer ist als Fleisch. Der nächste europäisch
sortierte und entsprechend teure Supermarkt befindet sich in Las Terrenas –
also rund 70 km entfernt. Wir sind somit auf den lokalen Schlachter, die lokale
Fischhandlung, einen fahrenden Händler für Seafood, die lokale Käserei und die
Geschäfte und Lieferanten vor Ort angewiesen.
Las
Galeras befindet sich bekanntlich trotz guter Anschlüsse am Ende der Halbinsel
Samana. Transportkosten sind nicht nur für den Transport unserer Gäste hoch,
das gilt für jedes Produkt, egal, was das ist. Wegen seiner Lage gibt es hier
längst nicht alles und die Logistik ist somit ein sehr entscheidender Faktor bei
der Preisgestaltung. Das schlägt sich
auf alles nieder und wir haben hier nicht nur astronomische Treibstoffpreise zu
bezahlen. Denn zur Information, in Las Galeras gibt es kein reguläre Tankstelle.
Wir haben eine Gasstation – eine Goldgrube für den Betreiber. Eine Einkaufstour
nach Santa Barbara – unsere Provinzhauptstadt ist darum eine Halbtagestour mit
dem öffentlichen Verkehrsmittel, nach Las Terrenas sind wir mindestens drei
Stunden unterwegs pro Weg. Das ganze mit einer Kühlbox, ect. Je nach Bestellung
machen wir diese Tour für sie und müssen diese Kosten auf unsere Preise
umschlagen. Oder wir produzieren selber – so wie unser Brot und alle Backwaren.
Ein weiterer Punkt sind enorme Energiekosten – wir bezahlen in Las Galeras 15,50
Pesos pro kwh. Damit erklärt sich zum Beispiel der Preis für ein eisgekühltes
Bier, Coca Cola, ect. Oder man kühlt alternativ und arbeitet mit Kühlboxen, sprich
man produziert selber Eis, um alles frisch und gut gekühlt zu halten.
All
das ist zu bedenken. Und das macht einem manchmal sprachlos.